Sonntag, 6. November 2016

Das Erwachen

Ein Ruck ging durch die Kutsche und Abigail schreckte hoch. War sie schlussendlich doch eingeschlafen auf dieser langen, stressigen Fahrt? Nie wäre sie auf die Idee gekommen, im Spätherbst nach York zu fahren. Dafür war die Strecke einfach viel zu lang, beschwerlich und erschwerend hinzu kamen die Herbststürme mit ihren Regengüssen. Dadurch wurden die Straßen zu einer einzigen Tortur für Pferd und Kutsche. Abigail spürte den Briefumschlag in ihrer Hand. Onkel Edward hatte ihn vor über drei Monaten zu ihrem Wohnsitz in New York geschickt. In der Kutsche war es zu dunkel zum Lesen, doch konnte sie sich an jedes Wort in dem Brief erinnern.

Liebste Nichte,

zu meinem Verdruss haben wir uns seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Als wäre es gestern gewesen, erinnere ich mich immer mit Freude an die Zeit, in der du in meinem Anwesen hier auf Newcastle House aufgewachsen bist. Der Schmerz über den Verlust deiner Eltern saß uns beiden gleichwohl tief im Herzen. Umso mehr war es mir eine Freude, dafür zu sorgen, dass du wohlbehütet aufwächst und eine angemessene Ausbildung erhalten hast. Aber wie es immer so ist; die Küken werden erwachsen und verlassen das behütete Nest. Ich freue mich sehr, dass es mit deiner Anstellung beim New York Herald geklappt hat. Auch wenn du erst einmal kleine Artikel verfasst, gib niemals auf. Schließlich hast du immer davon gesprochen, die Welt zu bereisen und von deinen Erlebnissen zu berichten. Du erfüllst mich mit großem Stolz, liebste Abigail, und ich hoffe ich konnte dir alles auf den Weg mitgeben, um deine Ziele zu erreichen.
Umso mehr betrübt es mich, dich aus deinem neuen Umfeld herausreißen zu müssen. Jedoch ist deine Anwesenheit hier unabdingbar auf Newcastle House. Leider ist es nicht möglich, dir weitere Informationen zukommen zu lassen, da ich nicht weiß, wer alles diesen Brief lesen könnte. Bitte begib dich so schnell es geht auf den Weg. Um eine Kutsche habe ich mich gekümmert, welche am 15. Oktober in New York Richtung York abfährt. Mister Frisco ist ein sehr verlässlicher Mann, er wird dich sicher zu mir bringen.

In besten Gedenken an dich verbleibend 

Edward Newcastle

Sie konnte sich noch sehr gut daran erinnern, den Brief das erste Mal gelesen zu haben. Noch nie war ihr Onkel so dringlich gewesen, was ihr Angst machte. War Edward doch ein Mann, der immer aufrecht und furchtlos durchs Leben ging. In seinen jungen Jahren begab er sich auf eine Reise nach Afrika, um den dunklen Kontinent zu erkunden. In Abigails Kindertagen hatte er ihr davon jeden Abend vor dem zu Bette gehen Geschichten vorgetragen. Sie konnte sich einfach nicht erklären, warum ihr Onkel so geheimnisvoll blieb in seinem Schreiben. Daher ging sie den Tag darauf zu ihrem Chefredakteur Mr. Bennet Senior, um sich für die Reise vom Dienst freizustellen. Mr. Senior willigte nach langem hin und her zum Glück ein, doch auf meinen Lohn musste ich für diese Zeit jedoch verzichten. Er war zwar ein mürrischer Zeitgenosse allerdings mit einem Herz am rechten Fleck. Zum Glück lebte sie mietfrei in einer von Onkel Edwards New Yorker Wohnungen, ansonsten hätte sie sich die Reise nicht einmal ansatzweise leisten können. Eine Woche später holte sie die Kutsche an ihrer Wohnung ab. Da der Brief so lange unterwegs war hatte sie nicht allzu viel Vorbereitungszeit. Das war auch einer der Gründe warum Mr. Senior zugestimmt hatte. Trotzdem waren alle Dinge hier in New York geregelt und die Koffer gepackt. Der Mann, welcher sich ihr als Gordon Frisco vorstellte, klopfte an ihrer Tür und half ihr, alle Sachen in die Kutsche zu packen. Zu ihrem Bedauern war Mister Frisco wirklich sehr schweigsam. Am 15. Oktober ging die Reise an einem regnerischen Morgen in Richtung York los. Zuerst ging die Fahrt schnell voran, doch je weiter sie Richtung Norden fuhren, umso schwieriger wurde das Gelände. Der stetige Regen sorgte die ersten Tage für immer schlammigere Wege, immer tiefer sanken die Räder im Morast ein. Die Pferde gaben sich alle Mühe um die Kutsche schnell auf der unbefestigten Straße voranzubringen, doch kamen sie recht bald an die Grenze ihrer Kräfte. Nach vier Tagen schlug das Wetter mit voller Wucht zu. Sturmböen ließen die Kutsche immer wieder schwanken. Regen ergoss sich in langen Fäden auf die Erde nieder. "Wir werden alsbald eine Pause einlegen müssen, Miss Newcastle. Ich denke die Pferde machen es ansonsten nicht mehr allzu lange." rief Mister Frisco zu ihr herunter. Abigail streckte den Kopf aus dem Fenster heraus. Starker Wind und Regen peitschten ihr ins Gesicht, sie versuchte so laut es ging zu rufen, "Wo wollen wir denn unterkommen bei diesem Wetter? Es ist doch weit und breit keine Herberge in Sicht Mister Frisco." Er lachte laut auf wobei er die Zügel kräftig schnalzen ließ. "Keine Sorge in ein paar Meilen kommen wir an einer Poststelle vorbei. Dort können wir die Nacht ausruhen und den Pferden ihre Pause gönnen. Nun ja, sofern wir diesen Sturm überstehen." Seine Stimme schwang im Wind mit, sein Lachen, so schien es, trieb ihn und die Pferde zu neuen Höchstleistungen an. Abigail schloss das Fenster wieder, in der Hoffnung er möge Recht behalten. Ein Bett wäre zur Abwechslung wirklich schön. Die letzten Tage hatte sie zusammengerollt auf der Bank gelegen, während Mister Frisco es sich auf der gegenüberliegenden Bank bequem machte. Decken aus Schafsfell sorgten die Nacht über für die nötige Wärme. Nach einigen Stunden Fahrt - die Nacht war schon längst hereingebrochen - hört sie wieder Mister Friscos Stimme, "Wir sind an der Poststation angekommen, Miss. Warten Sie in der Kutsche, ich kümmere mich um alles." Die Kutsche wurde langsamer und hielt schließlich an. Durch das Fenster konnte Abigail eine recht alte Hütte mit angeschlossener Scheune sehen. Kein Licht schien aus dem Fenster des Hauses. Mister Frisco ging mit einer Laterne in der Hand Richtung Tür. Über dieser stand der Schriftzug "Poststation" in verwitterten Buchstaben. Er klopfte mit seiner behandschuhten Rechten an die Tür. "Hallo? Jemand da? Hallo?" Nirgendwo war eine Reaktion zu vernehmen. Er versuchte daraufhin die Tür zu öffnen, was ihm überraschenderweise auch gelang.
Für kurze Zeit verschwand er aus ihrem Blickfeld, um sich in dem Haus umzusehen. Nach kurzer Zeit schritt er auf die Kutsche zu und klopfte an die Scheibe. Abigail öffnete das Fenster. "Miss Abigail, es ist niemand da. Ich vermute, sie haben sich in Sicherheit vor dem Sturm gebracht. Lassen Sie mich ihre Sachen ins Haus bringen, dann versorge ich die Pferde."
Sie stieg schnell aus und eilte, die Kleidung eng an sich gezogen, zum Haus hinüber. Der Boden war matschig und das ein oder andere Mal wäre sie beinahe ausgerutscht. Mister Frisco schien schon ein Licht angezündet zu haben, denn ihr flackerte ein leichter Schein entgegen als sie sich der Tür näherte. Hinter ihr wieherten die Pferde, woraufhin sich Abigail zu ihnen umdrehte. In dem Moment sah sie noch aus dem Augenwinkel einen Schatten die Lichtquelle verdecken.
"Mister Frisco? Sind Sie schon im Haus?" Sie wich ein paar Schritte von der Tür. "Nein, Miss, ich bin gerade in der Scheune. Ist etwas? Licht sollte schon im Haus sein. Ich bin gleich bei Ihnen mit dem Gepäck."






Samstag, 20. August 2016

Meine erste Geschichte - Komplettversion - Die lange Fahrt

Eigentlich ist doch eine Autofahrt in die Welt hinaus immer etwas schönes und aufregendes, dachte Lisbeth bei sich, während sie ihren alten Ford die dunklen Straßen entlang gleiten ließ.
Die Strecke, die sie noch zurücklegen musste, um ihr Elternhaus zu erreichen, war ohne Pause nicht zu schaffen, daher würde sie wie immer um einen Halt nicht herumkommen. Normalerweise wäre dieser Halt in der Nähe der Bundesstraße gewesen, wo sie dann in einer Bed & Breakfast Pension übernachtete. Leider musste diese im letzten Jahr schließen und so blieb ihr nichts weiter übrig als eine längere Strecke ohne Pause zurückzulegen.
Im Radio lief gerade von Queen Bohemian Rhapsody, als ihr bewusst wurde, wie müde sie doch langsam wurde. Allerdings bot das Waldstück, durch das sie fuhr, keinerlei Straßenabschnitte um eine Pause einzulegen. Deshalb versuchte sie, das Teilstück trotz Müdigkeit zu überbrücken, um dann eventuell an der danach folgenden Küstenstraße eine Pause einzulegen. Wenn sie sich recht erinnerte war dort ein kleiner Ort ein Stück von der Bundesstraße ab.
Die Bäume rechts und links am Waldrand bewegten sich in dem anscheinend immer kräftiger werdenden Wind, was ihr das Gefühl vermittelte, der Küste immer näher zu kommen.
Und wirklich, der Wald dünnte sich immer mehr aus. Endlich wieder Sternenhimmel oder Mondlicht, dachte sie bei sich und fuhr aus dem Wald heraus. Eine schroffe Küstenlandschaft lag vor ihr, an deren Rand sich wie eine Schlange die Straße entlang wand.
Windböen erfassten das Auto und sie musste recht stark gegenlenken, damit der Ford nicht ins schlingern geriet. Gerade in dem Moment, als sie dachte, sie würde das Fahrzeug wieder unter Kontrolle bekommen, sah sie rechts aus den Augenwinkeln etwas Großes auf die Straße laufen. Das letzte was sie hörte, war ein ohrenbetäubender Knall und das Auto krachte mit voller Gewalt durch die Straßenbegrenzung.
So viele Dinge gingen ihr durch den Kopf während der gefühlten Ewigkeit des Sturzes. Egal, was sie jetzt noch versuchte, ihr Schicksal lag in den Händen von wem auch immer. Glaubte sie an Gott? Nein. Jetzt brauchte sie damit auch nicht mehr anfangen. Würde sie jemand vermissen? Nein, niemand, außer vielleicht ihre Eltern. Freunde und Familienangehörige hatten sich in ihrem momentanen Empfinden immer mehr von ihr abgewendet. Warum auch nicht, schließlich machte sie es den Leuten auch nicht leicht sie zu verstehen. Ihre abweisende und selbstzerstörerische Art sorgte dafür. Bis auf Sarah die vor ein paar Monaten in ihr Leben getreten war und alle Marotten ertrug. Aber lag es denn wirklich an ihr, oder waren es die anderen die sie einfach nicht verstehen wollten. Meistens endete das ganze in Streit und Verlust.
All das war nun egal. Das Auto krachte in die Meeresoberfläche, Glas splitterte und Wasser brach mit voller Wucht in den Innenraum. Erst jetzt, wie das Wasser ihr ins Gesicht peitschte, wurde ihr bewusst, dass sie irgend etwas machen musste um dieser Todesfalle zu entkommen. Hastig griffen ihre Hände nach rechts zum Anschnallgurt und fingerten in aller Panik an dem Öffnungsschalter herum. Immer mehr Wasser drang auf sie ein, als der Gurt endlich aufschnappte.
Der Innenraum war nun fast komplett geflutet. Sie schnappte noch einmal Luft, dann tauchte sie den Kopf unter Wasser und stieß sich durch die zerbrochene Frontscheibe verzweifelt ab, so versuchte sie irgendwie nach oben zur Wasseroberfläche kommen. In dem Augenblick traf sie etwas hart am Kopf und ihr wurde schwarz vor Augen.

Wie viel Zeit auch immer vergangen sein mag, Lisbeth wachte mit schmerzendem Kopf langsam auf. Husten ließ sie einen Schwall Wasser erbrechen. Langsam fing sie sich und schaute sich um. War es immer noch dunkel oder konnte sie nichts sehen? Behutsam glitt ihre Hand an den Kopf und fand dort die Stelle, wo sie getroffen worden war. Schmerzen durchfluteten sie, als ihre Finger am Wundrand entlang fuhren. Auch merkte sie, wie stetig Wasser gegen ihren liegenden Körper schwappte. Unter sich spürte sie Steine die sich in ihren Rücken drückten. Nachdem sie ohnmächtig wurde, hatten die Wellen sie anscheinend an die Küste gespült. Alles tat ihr weh und doch musste sie sich aufraffen, musste ihren geschundenen Körper weg von der Kälte des Meeres schaffen. In dem Moment wo sie sich aufstütze, spürte sie ein Stechen im Brustbereich. Hatte sie sich eine Rippe gebrochen? Was sollte denn noch alles geschehen?
Nur wo sollte sie hin, konnte sie sich doch überhaupt nicht orientieren in dieser Dunkelheit.
Hinzu kamen die starken Sturmböen, die immer wieder große, starke Wellen gegen die Steine schlugen. Plötzlich sah sie einen Lichtstrahl am Himmel, welcher wie ein Finger über den dunklen Nachthimmel fuhr. So langsam gewöhnten sich auch ihre Augen an die Dunkelheit. Sie ließ ihren Blick hinter sich gleiten, dort ragte wie eine Mauer die steile Felswand der Küste in den Himmel. Entsetzt stellte sie fest das die Straße nicht zu erreichen war, wo doch die Wand viel zu steil war. Um  überhaupt einen Versuch wagen zu dürfen, müsste sie  in körperlicher Topform sein. Allerdings war der momentane Zustand alles andere als Ideal. Ganz zu schweigen das die schroffen, nassen Felsen das klettern eh unmöglich machten. So blieb ihr nur der Versuch sich an der steinigen Küste entlang Richtung Lichtstrahl zu kämpfen.
Mit starken Schmerzen am ganzen Körper quälte sie sich auf und ging mehr schlecht als recht Richtung Felswand, um endlich der Feuchte des Meeres zu entkommen.
Ach, wäre Sarah nur mitgekommen. Aber nach dem Riesen Streit ergab ein Wort das andere und Lisbeth tat wie immer das, was sie am besten konnte. Abhauen. Ja darin bist du echt die größte, anstatt sich den Problemen zu stellen haust du immer einfach ab, maßregelte sie sich selbst.
Sie Sarah ja nur mit der Frage konfrontieren, warum sie soviel Zeit für andere hatte und so wenig Zeit für sie. Was sie dabei aber vergaß war einfach der Umstand, dass Sarah erst vor kurzem in ihr Leben getreten war und ein sehr aktives Leben führte. Sie selbst war immer die Art von Mensch, die es eher ruhiger mag und sehr schnell eifersüchtig wird wenn neue Menschen in ihre Komfort Zone eindringen, die sie doch eigentlich mit Sarah alleine teilen wollte. Vor 6 Monaten, sie hatte wieder einmal eine Beziehung beendet, traf sie Sarah auf dem Weg zu ihrer Therapeutin. Eigentlich wollte sie sich einen Kaffee holen, jedoch fuhr sie kurz vor dem Coffee Shop ein Fahrrad von hinten an. Sie stürzte auf den Asphalt. Am Boden liegend, fluchte sie wie der Teufel persönlich es nicht besser könnte. In dem Moment reichte ihr jemand eine Hand und half ihr hoch. "Es tut mir so leid, ich wollte dich nicht anfahren"- sagte eine Frauenstimme. Langsam blickte sie von der Hand zu dem Gesicht der Frau. Ein Kribbeln durchfuhr Lisbeth in dem Augenblick. Grüne Augen und ein Gesicht, eingerahmt von roten Haaren schaute sie entschuldigend an. "Nein, alles gut ich habe mich nur erschreckt, dass ist alles"- log sie, denn es schmerzte schon sehr. Aber das war egal. "Mein Name ist Sarah. Hallo erst einmal"- sprach die Rothaarige.  Beide schüttelnden sich die Hände. Nachdem sie kurz miteinander Entschuldigungen ausgetauscht hatten, lud Sarah sie zu einem Kaffee ein. Der Therapie Termin geriet in Vergessenheit. Darauf folgten Wochen der absoluten Verliebtheit außerdem  der Beginn einer leidenschaftlichen Beziehung. Bis zu diesem Streit. Sarah verbrachte immer gerne Zeit mit Freunden aus vergangenen Tagen oder auch neuen Bekanntschaften. Lisbeth hatte dann nur immer das Gefühl immer mehr in den Hintergrund gedrückt zu werden. Eines Abends, Sarah war gerade mit einer Freundin aus Schulzeiten was essen, bliebt Lisbeth wie immer zu Hause. Sie konnte es nicht ertragen Sarah mit anderen Leuten zu sehen. Ganz zu schweigen das diese dann gemeinsam lachten und alte Geschichten austauschten. Geschichten in denen sie nicht vorkam. Später am Abend kam Sarah nach Hause und Lisbeth platzte ihr voller Frust heraus. "Andauernd gehst du weg, lässt mich alleine und gibst mir das Gefühl andere wären dir viel wichtiger." Genau in dem Moment ihr die Worte entglitten, bereute sie diese auch schon wieder. Doch ausgesprochene Dinge kann man schwer zurück nehmen und so nahm der Streit seinen Lauf. Sarah war sich keiner Schuld bewusst. Wie denn auch es war ja nicht ihre Schuld. Lisbeth war sich dessen bewusst, auch das es eher ihr Problem war. Die Entschuldigung brachte sie jedoch nicht über die Lippen. Lieber zog sie sich zurück während Sarah die Wohnung nach einigen Stunden des Schweigens wutentbrannt verließ.
Lisbeth verließ nach einer Woche der Stille und Isolation ihre Wohnung, auf den Weg zu ihren Eltern. Warum sie vorbei kommen wollte? Das fragten ihre Eltern schon gar nicht mehr. Immer wenn sie vor einer Situation wie dieser floh, begab sie sich in die Abgeschiedenheit des kleinen Küstenörtchens, wo ihr Elternhaus lag.
Eine weitere Welle klatschte ihr die Gischt mit voller Wucht ins Gesicht und ihre Gedanken konzentrierten sich wieder auf den qualvollen Gang über die glitschigen Steine. Jeder Schritt schmerzte, doch sie wollte einfach nicht aufgeben. In ihrer direkten Umgebung würde sie keine Hilfe finden, erst recht nicht bei dem immer schlimmer werdenden Sturm. Du musst weiter gehen, irgendwo wird es doch Hilfe geben, versuchte sie sich selbst zu motivieren.

Eine Stunde, zehn Minuten? Wie lange sie mittlerweile unterwegs war wusste sie nicht. Zu allem Überfluss konnte sie überhaupt nicht abschätzen wie weit es zu dem Leuchtturm war. Zumindest hoffte sie das es einer war. Wo ein Leuchtturm war konnte eventuell auch Hilfe auf sie warten. Vor ihr, so dachte sie zumindest, tauchten mehrere Umrisse von Gebäuden in der Dunkelheit auf, immer wenn der Lichtstrahl über sie hinweg glitt. Ein Hauch von Hoffnung keimte in ihr auf und so versuchte sie noch die letzten Reserven an Kraft aufzubringen um diese Gebäude zu erreichen. Eine gefühlte Ewigkeit später war sie sich sicher, dass dort ein kleiner Ort sein musste. War es eventuell sogar das Örtchen, in dem sie ihre Rast machen wollte? Trotz der quälenden Schmerzen wurden ihre Schritte immer schneller. Je mehr sie sich beeilte, desto mehr rutschte sie immer wieder auf den Steinen aus, was die Schmerzen nur noch verstärkte. Endlich tauchte in greifbarer Nähe ein Haus auf, welches direkt am Wasser lag. Eine Fischerhütte vielleicht? Sie zog sich den Steg herauf, wobei sie wieder diesen stechenden Schmerz in ihrer linken Brust verspürte. Die Rippe war wohl wirklich gebrochen. Das fehlte ihr jetzt auch noch. Sie atmete tief durch, dann hämmerte sie mit den Fäusten gegen die Tür.  Niemand öffnete, allerdings war es überhaupt möglich das sie bei dem Sturm jemand hörte? Rufen versuchte sie erst gar nicht, dafür war es viel zu laut hier draußen. Trotzdem die Hütte leer sein könnte glitt ihre Hand zu der Türklinke. Mit einem festen Druck öffnete sie die Tür. Kein Mensch da und nicht einmal abgeschlossen, so etwas gibt es auch nur auf dem Land, dachte sie bei sich. Schließlich war sie nur froh endlich einen trockenen Ort gefunden zu haben wo sie erstmal provisorisch ihre Wunden versorgen konnte. Zwar war es schon lange her, doch das eine Jahr Ausbildung zur Krankenschwester sollte ihr jetzt doch hilfreich sein. Leider hatte sie diese, wie vieles in ihrem Leben nicht beendet. Und so würde es halt bei einfachen Verbänden bleiben.
Keine Menschenseele war weit und breit in der doch recht geräumigen Hütte. Zu ihrer Linken sah sie einen Lichtschalter den sie betätigte. Zu ihrer Enttäuschung blieb das Haus im Dunkeln. Erst einmal aufwärmen, war ihr nächster Gedanke. Mittig an der linken Zimmerwand konnte sie, im kurzen Lichtschein der vom Leuchtturm immer wieder durchs Fenster fiel, einen sehr stark verschmutzten Kamin erblicken. So schleppte sie sich in diese Richtung. Auf halber Strecke stolperte sie über etwas.
Sie stürzte zu Boden und fiel mit ihrem Gesicht in etwas Feuchtes und Klebriges.
Mit der einen Hand stützte sie sich ab, mit der anderen tastete sie auf dem Fußboden nach dem Hindernis, was sie stürzen ließ. Neben der feuchten Stelle am Boden bekam sie etwas zu fassen, mit festem Griff zog sie es zu sich heran. Es fühlte sich kühl an in ihrer Hand. Im nächsten Lichtschein der in das Zimmer von außen fiel, konnte sie es genauer erkennen. Eine Taschenlampe! Gott sei Dank, wenigstens ein Hoffnungsschimmer. Hoffentlich geht sie noch, dachte sie, während sie den Schalter betätigte. Ein Lichtstrahl erfüllte den Raum und ein erleichtertes Kichern durchfuhr ihren Körper. Sie schaute auf ihre Hände und stockte. Die klebrige Flüssigkeit, die den Boden und ihren Körper bedeckte, sah verdächtig nach altem Blut aus. Ihr Puls fing an zu rasen, ein kalter Schauer durchfuhr ihren Körper. Rechts neben ihr stand ein Sofa, unter dem das Blut heraus gelaufen war. Sie stand auf oder besser versuchte es, als ihr wieder der Schmerz in der Brust zu schaffen machte. Nichtsdestotrotz raffte sie sich mit einem Stöhnen auf. Ihr Blick über die Sofa Lehne zeigte ihr im
Lichtschein der Taschenlampe einen unglaublich entstellten Körper. All das Blut war augenscheinlich aus dieser Leiche herausgequollen. Ein Schrei entfuhr ihrer Kehle. Mit aller Kraft unterdrückte sie den Würgereflex.
Was war hier nur passiert? Wer oder was konnte einen Menschen nur so zurichten? In ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Sie musste förmlich gegen ihren spontanen Reflex einfach wegzulaufen ankämpfen. Es würde überhaupt nichts bringen. Wo sollte sie in diesem Sturm und ihrem Zustand denn auch hinlaufen? Sie wischte ihre Hände an ihrer Hose ab um das Blut zu entfernen so gut es ging. Es blieb ihr wohl nichts anderes übrig als die Leiche genauer zu durchsuchen, wenn sie wissen wollte was hier passiert war. Mit etwas Glück konnte sie selbst dann solch einem Schicksal entgehen. Dann ein, zwei Schritte und sie stand neben der Leiche am Sofa. Reiß dich zusammen, zieh das einfach durch, ermutigte sie sich selbst. Mit schnellen Griffen durchsuchte sie die Leiche nach irgendwelchen Hinweisen. In der linken Hosentasche fand sie einen Schlüssel, sonst nichts. Beim näheren betrachten fiel ihr außerdem auf, dass die Todesursache wahrscheinlich nicht die ganzen Schnittwunden überall am Körper waren, sondern der breite tiefe Schnitt quer durch den Hals. Da das Blut schon länger getrocknet war hoffte sie, dass wer oder was das gewesen sein mochte, dieser nicht mehr im Haus oder Dorf war. Da die Durchsuchung keine weiteren Erkenntnisse brachten, wollte sie sich endlich um die Versorgung ihrer Wunden kümmern. Beim näheren Betrachten fielen ihr dutzende Schürfwunden am ganzen Körper auf die leicht bluteten. Diese würde sie als erstes versorgen. Auf der Suche nach Stoffen für Verbände
 wurde sie in der Küche fündig. Ein paar Handtücher lagen auf einem Stuhl. Ein langes Küchenmesser, welches sie auf der Küchenzeile fand, half ihr dabei diese in Streifen zu schneiden. Mit diesen verband sie alle offenen Schürfwunden so gut es ging. Das Messer behielt sie aufgrund des Leichenfundes für alle Fälle bei sich. Jetzt, wo ihr Körper versorgt war, meldete sich die bleierne Müdigkeit. Ruhe, sie brauchte dringend Ruhe. Erschöpft ließ sie sich auf den Küchenboden sinken. Langsam, damit sie ihre Rippe schonen konnte, lehnte sie sich an die Wand. Ein Angstgefühl nagte langsam an ihr. Schließlich konnte sie nicht mit Gewissheit sagen ob sie hier wirklich alleine war. Beobachtet sie jemand und fällt über sie her während sie schläft? Sie zog ihre Beine Eng an sich, das Messer fest in der Hand. Eine Weile widersetzte sie sich dem Schlaf, doch nach kurzer Zeit glitt sie trotz aller Bemühungen in einen tiefen Schlaf.

Tageslicht fiel auf ihr Gesicht, langsam öffnete Lisbeth die Augen. Der Schlaf hatte wohl einige Zeit von ihr Besitz ergriffen, wenn es schon draußen hell wurde. Ihr Magen zog sich mit einem Knurren zusammen. Sie hatte riesigen Hunger, kein Wunder die letzte Mahlzeit war vor ihrer Abfahrt. In der Küche würde doch wohl etwas Essen zu finden sein, hoffte sie zumindest. Dafür musste sie sich erst einmal aufrichten, was ihr wiederum nicht leicht fiel. Halb sitzend auf dem kalten Boden zu schlafen, hatte ihre Beine steif werden lassen. Sie zog sich an der Küchenzeile hoch, streckte sich vorsichtig und ging zum Kühlschrank rüber. Kühle Luft kam ihr entgegen als sie diesen öffnete. Innen fand sie ein paar Scheiben Brot, eine Flasche Saft und ranzige Butter. Es würde genügen müssen vorerst und so würgte sie zwei trockene Brotscheiben herunter. Heruntergespült mit Saft war es immerhin zu ertragen. Ihr Hungergefühl war zwar immer noch nicht ganz gestillt aber es musste genügen. Gestärkt begann sie ihre weiteren Schritte zu planen. Am Tage war es eventuell leichter einen Weg zum Leuchtturm zu finden. Oder sie versuchte ihr Glück in den anderen Gebäuden, eventuell ließ sich dort noch etwas hilfreiches finden. Andererseits wusste sie nicht, ob die Ursache für den Toten nebenan, sich immer noch in der Nähe befand. Auch wenn sie bisher unbehelligt blieb, konnte sich dies schnell ändern. Sie entschied sich vorsichtig die Gegend zu erkunden, um dann wenn es sicher war, sich zum Leuchtturm durch zuschlagen. Vielleicht fand sie auf dem Weg jemanden der ihr helfen konnte. Hier bleiben konnte sie nun wirklich nicht. Lisbeth schnappte sich ihr Messer und die Taschenlampe für den Aufbruch. Kaum durchquerte sie die Wohnstube auf dem Weg zur Haustür, fiel ihr Blick wieder zum Sofa. Da wo vor ein paar Stunden noch eine übelst zugerichtete Leiche lag, waren nur noch Blutspuren. Von dem Körper keine Spur. Ihre Gedanken kreisten wie wild, überschlugen sich förmlich. Zu rationalem Denken war sie absolut nicht in der Lage. Es war an dem Körper kein Lebenszeichen zu finden gewesen. Wie konnte er denn nun einfach so verschwinden? Oder hatte gar der Mörder die Leiche geholt? Pure Angst trieb ihren Puls in die Höhe, ihr Blick hastete in alle Ecken. Nicht eine einzige Spur war zu entdecken. Lisbeth wollte schon vor lauter Panik einfach drauf losstürmen, besann sich aber eines besseren. Was brachte es ihr denn, außer in einer kopflosen Handlung, wem auch immer in die Arme zu laufen. Nein, ruhig bleiben war die Devise. Ein Blick durch die Fenster zeigten Fetzen von Nebelschwaden. Das könnte meine Chance sein, im Nebel unerkannt aus dem Dorf heraus zu schleichen, hoffte sie. Sie schritt langsam in Richtung Haustür, dort angekommen, öffnete sie diese vorsichtig. Vor der Tür war wirklich Nebel über das Meer aufgezogen. Lange Nebelbänke schoben sich mittlerweile zwischen den Straßen hindurch. Die kühle, feuchte Luft ließ Lisbeth frösteln. Hierzubleiben war keine Option mehr, darum schritt sie Mutig in den Nebel hinein. Rechts um die Hütte herum entdeckte sie einen Holzschuppen, beim näherkommen konnte sie ein Vorhängeschloss sehen. Ihre Hand glitt in die Hosentasche. Ob der Schlüssel wohl passen könnte, grübelte Lisbeth, während sie ihn in das Schloss gleiten ließ. Mit einem Klicken schnappte der Mechanismus auf, die Tür öffnete sich dabei einen Spalt. Innen konnte sie auf den ersten Blick nur ein kleines Motorboot und rechts an der Wand eine schwere Regenjacke entdecken. Wenigstens würde sie nun nicht unbedingt erfrieren, ein Grinsen ging über ihr Gesicht. Da nichts weiteres zu finden war, drehte sie sich um, der Schuppen blieb langsam hinter ihr im Nebel zurück. Ein kleines Stück weiter verlief der Weg, der durch den Ort führte. Graue Schleier zogen immer dichter werdend vor ihr entlang. Der Ort war wirklich nicht groß. Eine Straße, sofern man diese so nennen durfte, führte geradewegs hindurch. In keinem der Häuser, an denen sie vorbeikam, war jemand zu entdecken. Nicht das sie sich die Mühe machte genau nachzuschauen. Ihre Schritte führten automatisch immer schneller Richtung Ortsausgang. Wer weiß was sonst noch alles hier auf sie lauerte. Die Fluch weg von hier war die beste Option. So weit sie es in dem Nebel abschätzen konnte, führte die Straße an der Küste lang, hoch zum Leuchtturm. Zwar noch ein ganzes Stück entfernt, aber schaffbar. Nur ein paar Schritte trennten Lisbeth von der Ortsgrenze, da waren sie das erste Mal zu hören. Schmerzverzerrte Schreie hallten durch den Nebel. Jetzt wollte sie wirklich nur noch eins, fort von hier. Da sie die Herkunft der Schreie nicht orten konnte, rannte Lisbeth einfach drauf los. Immer der Straße entlang, tiefer in den Nebel hinein. Das Gefühl verfolgt zu werden bohrte und kratzte an ihrem Hirn. Gehetzt blickte sie sich immer wieder um. Stechende Schmerzen in der Brust machten ihr das Laufen wirklich schwer. Allein das Atmen war in dem Moment eine Qual durch die körperliche Anstrengung. Ihre Schritte wurden immer langsamer. Um zu Atem zu kommen blieb sie stehen und stützte sich an einem Baum ab.  Kurze Zeit später waren Schritte im Nebel vor ihr zu hören. Lisbeth zuckte vor Furcht zusammen. "Hilfe, bitte helft mir!"- kreischte eine Stimme. Ein Schemen tauchte vor ihr im Nebeldunst auf. Gerade als sie diesem etwas zurufen wollte, erschien ein weiterer Schemen. Schreckliche gurgelnde Laute begleitet von irren Gelächter drangen zu Lisbeth hinüber. Das Lachen entfernte sich immer mehr und war irgendwann gar nicht mehr zu hören. Unbewusst hatte Lisbeth sich während dessen immer mehr hinter dem Baum verkrochen. Dort wo eben die beiden Schemen standen lag nun nur noch einer am Boden. "Hilfe...." - röchelte die Stimme wieder zu ihr rüber. Sollte sie wider jeder Vernunft zu Hilfe eilen oder besser von hier fort? Ein Schritt folgte dem anderen. Der Körper am Boden kam immer näher. War sie denn verrückt dorthin zu gehen? Natürlich, aber sie konnte nun einmal niemanden in Not die Hilfe verweigern. Der Griff um ihr Messer wurde fester. Langsam wurde die Silhouette deutlich sichtbarer. Immer wieder schaute Lisbeth sich hektisch um. Endlich konnte sie den auf dem Boden liegenden Körper deutlicher sehen. Nacktes Entsetzen überkam sie beim Anblick des mittlerweile toten Mannes. Wie bei der Leiche im Haus wurde auch hier ein langer Schnitt am Hals vorgenommen. Die Blutlache um den Leichnam wurde immer größer. Das alles war zuviel für Lisbeth, sie ließ ihr Messer fallen und erbrach sich auf die Strasse. Sobald sich ihr Magen beruhigt hatte, wischte sie sich den Mund ab. Gerade wollte sie sich hinunter beugen um das Messer wieder aufzuheben, hörte sie hinter sich wieder dieses irre Lachen. Im gleichen Augenblick spürte sie einen stumpfen Schlag am Hinterkopf. Ein schwarzer Schleier legte sich über ihre Augen und sie fiel zu Boden.

"Wach auf. Du sollst endlich aufwachen!"- drang eine schrille Männerstimme durch den Schleier der Ohnmacht zu ihr durch. Langsam öffnete sie die Augen. Ein Mann mit irrem Blick und wirrem Haar schaute auf sie herab. " Ahhhh, sind wir endlich aus dem Land der Träume zurückgekehrt. Beeil dich wir haben nicht viel Zeit bevor er wieder kommt." - seine Stimme wurde immer schriller, irgendwie hektischer. Er reichte ihr die Hand um aufzustehen, Lisbeth zuckte zurück. Sie wollte intuitiv zu ihrem Messer greifen, da fiel ihr alles wieder ein. "Was ist hier los? Wer sind sie?" - sie fasste sich an ihren schmerzenden Hinterkopf. "Wir haben keine Zeit für Erklärungen. Folge mir, ich bringe dich hier raus." - seine Hand immer noch ausgestreckt. Zögerlich griff sie zu und ließ sich aufhelfen. "Mein Name ist Ismael, jetzt raus hier. Komm schnell."
"Warte ich kann nicht so schnell rennen. Meine Rippe ist verletzt, ich bekomme kaum Luft beim Laufen." - stöhnte sie schwer atmend. Ismael kam ihr entgegen und half ihr so schnell es ging nach draußen. "Wenn wir zu lange brauchen wird er uns holen" - in seiner Stimme schwang Furcht mit. "Wen meinst du Ismael? Ist dieser Mann dafür Verantwortlich was hier passiert?" - Ismael blickte sie ängstlich an. "Genug Fragen für jetzt. Bitte sei leise und komm endlich." - Er führte sie eine Treppe hinauf. Ihre Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit. Anscheinend war sie in einer Art Keller gefangen gewesen. Oben angekommen konnte sie einen langen spärlich beleuchteten Gang blicken. "Wo führt uns dieser Weg Ismael?" - sie hatte ein ungutes Gefühl bei der Sache. Ismael bedeutete ihr mit seiner Hand sie solle still sein, ging dann vorsichtig weiter ohne etwas weiteres zu sagen. Das Ende des Ganges kam immer näher. War das Meeresrauschen was sie da hörte? "Hinter dem Gang ist eine grössere Höhle, da liegt mein Boot. Damit bringe ich uns hier weg." - seine Schritte wurden schneller. Hinter ihnen erklang auf einmal dieses irre Lachen. Beide blickten sich gleichzeitig um. Am anderen Ende des Ganges stand eine dunkle Gestalt, dass Gesicht verhüllt mit einer Kapuze. Gemächlich schritt sie auf die beiden zu, in der rechten Hand ein Messer. "Egal wie es um dich steht. LAUUUUFFFFF!" - Ismael rannte los ohne auf Lisbeth Rücksicht zu nehmen. Sie schaute hinter ihm her und begann ebenfalls zu rennen. Ihre Brust explodierte förmlich vor Schmerzen. Aber das war nun egal, sie musste schnell weg von hier. Hinter dem Gang lag eine große Höhle  in der ein Steg ins Meer hineinragte. Dort schwappte ein Ruderboot in den Wellen auf und ab. Ismael löste das Tau und half ihr hinein. Mit einem kräftigen Stoß eines der Ruder glitt das Boot weg vom Steg hinaus aufs Meer. In genau diesem Moment betrat die Gestalt die Höhle. Keine Kapuze verdeckte mehr das Gesicht und so konnte sie erkennen das es ein Mann war. Doch etwas war komisch an ihm. Dort wo die Augen sein sollten blickte Lisbeth nur in leere Höhlen. Ein diabolisches Grinsen ging über sein Gesicht. Mit schnellen Schritten rannte er auf das Boot zu. Doch zu spät, Ismael ruderte schon aus der Höhle hinaus. Sie wähnten sich schon in Sicherheit,da warf der Mann das Messer aus seiner Hand in ihre Richtung. Ismael stöhnte auf, Blut tropfte aus seinem Mund. Das Messer hatte ihn direkt in den Rücken getroffen. "Nimm du die Ruder." - entfuhr es ihm stöhnend. Lisbeth schnappte sich die Ruder und mit ein paar Ruderschlägen waren sie auf dem Meer. Sie blickte noch einmal in die Höhle zurück. Der Mann war fort, nur sein Lachen schallte zu ihr hinüber.
Ismael sank immer weiter nach vorne während Lisbeth versuchte das Ruderboot unter Kontrolle zu halten. Mit jedem Ruderschlag ließen sie die Höhle weiter hinter sich. Mittlerweile war es Nacht geworden, der Mond erhellte die See mit seinem schummrigen Licht. Dunkle Wellen schwappten gegen das Boot. Ein Stück die Küste entlang ragte der Leuchtturm in den Nachthimmel. Sein Leuchtfeuer war inzwischen erloschen, trotzdem setzte sie Kurs auf die Küste in seiner Nähe. Einige Minuten vergingen, da durchfuhr sie ein heftiger Hustenanfall welcher ihr starke Schmerzen im Brustkorb zufügte. Blut sammelte sich in ihrem Mund. Das Ruderboot schaukelte in den Wellen hin und her. Nur das Rauschen des Meeres war zu hören. Ein Gefühl der Ruhe überkam Lisbeth, der Husten legte sich langsam. "Ismael, hörst du mich? Bitte lass mich nicht alleine."- flehte sie ihn an. Er saß vornübergebeugt vor ihr und regte sich nicht mehr. Vorsichtig tippte sie ihn an. Ismael stöhnte auf - "Noch bin ich nicht tot, doch die Kälte ist unerträglich." Im Mondschein konnte sie das Messer in seinem Rücken schimmern sehen. Sie musste dringend das Ufer erreichen um Ismael in Ruhe die Klinge zu entfernen. In dem Ruderboot war das unmöglich. Unterbrochen von regelmäßigen Hustenanfällen, ruderte sie trotz aller Schmerzen weiter. Langsam aber stetig kam die Küste näher. Zwischendurch musste sie immer wieder husten. Sie schmeckte warmes Blut in ihrem Mund. Anscheinend war die Verletzung doch schlimmer als gehofft. Mit einem Ruck setzte das Ruderboot auf dem felsigen Untergrund des Strandes auf. Sie kletterte raus und versuchte Ismael hinaus zu helfen. Endlich nach mehreren Versuchen konnte sie ihn an eine trockene Stelle führen. "Wir sind hoffentlich erst einmal in Sicherheit. Nun dreh dich bitte um damit ich das Messer entfernen kann." - Ismael setzte sich hin, beugte sich langsam nach vorne. Lisbeth zog ihm den Gürtel aus der Hose. "Beiß da drauf wenn die Schmerzen nicht auszuhalten sind." - er nahm den Gürtel und schob ihn sich zwischen die Zähne. Das Messer hatte sich zwischen den Schulterblättern tief in den Rücken gebohrt. Blut lief an der Klinge hinunter. Zum Glück hatte das Messer eine glatte Schneide. "Das könnte jetzt weh tun." - mit einem kräftigen Ruck zog sie die Klinge heraus. Frisches Blut lief aus der Wunde heraus. Ismael entfuhr ein Grunzen zwischen den Zähnen. Vorsichtig zog sie ihm seine Jacke aus. Mit dem Messer schnitt sie sich daraus einige Streifen. So konnte sie ihm zumindest einen provisorischen Verband machen. Nachdem das erledigt war kümmerte Lisbeth um sich selbst. Sie überprüfte alle Verbände, konnte aber keine frischen Wunden erkennen. Müde setzte sie sich neben Ismael. "Also was genau ist hier los? Wer ist das und vor allem was will der Mistkerl von uns?"
Er schaute sie erschöpft an . "Die erste Frage die du dir stellen solltest, WO sind wir überhaupt. Das hier ist nicht mehr die Welt aus der zu kommen glaubst." - Lisbeth wurde auf einmal mulmig zumute. "Alles hier ist ihre Welt, eine Welt im Nebel und Düsternis. Sie kamen aus der tiefe des Meeres zu uns. Nur wenige wussten von ihnen. Noch wenigere glaubten überhaupt das sie existieren. Jetzt holen sie sich das zurück was ihnen genommen wurde ihrer Meinung nach." - sie schaute Ismael fragend an - "Wer SIE sind?" - Ismael lachte traurig - "Sie sind die tiefen Wesen, die Schrecken der See."
"Tiefe Wesen?" - Lisbeth schaute ihn irritiert an -"willst du mir sagen das alles ist das Werk irgendwelcher Hirngespinste?" Er drehte den Kopf in Richtung Meer. Der Nebel zog wieder dichter über die Wellen auf die Küste zu. "Wenn es doch nur Hirngespinste wären. Sie sind wirklich dort, tief im Meer, beobachten uns seit Ewigkeiten. Aus welchem Grund auch immer kommen sie nun und holen sich einen nach den anderen. Zuerst kam der Nebel ins Dorf, daraufhin verschwanden immer wieder Menschen." Sie wollte ihm immer noch nicht glauben. "Warum seid ihr denn nicht geflohen?" Ein Zittern ging durch ihn hindurch. "Nun da wären wir wieder bei unserem unheimlichen Freund aus der Höhle. Jeder der fliehen wollte aus dem Dorf hat er getötet oder" - sein Blick glitt zu ihr - "er entführte sie. Wahrscheinlich um sie dann seinen Herren zu übergeben. Ich habe ihn auch vorher nie hier gesehen. Wer weiß ober überhaupt ein Mensch ist so grausam wie er tötet. Und dann diese Lache." Wieder durchfuhr ihn ein Schauer. Lisbeth wurde immer mulmiger zumute. Anscheinend meinte er das alles wirklich ernst. Aber wie konnte so etwas möglich sein. "Wir sollten versuchen hier weg zu kommen. Der Nebel zieht wieder auf. Lass uns einen sicheren Unterschlupf suchen solange wir noch können. Dort dürften wir sicher sein." er zeigte in Richtung des Leuchtturms. Beide richteten sich auf. "Da vorne ist ein Weg der zum Turm führt. Komm es ist nicht mehr weit." Ein letzter Blick zurück zum Meer zeigte das der Nebel immer weiter an die Küste reichte. Allerdings war das Meer auf einmal auch ganz ruhig. Keine Wellen, nur die glatte Oberfläche wie ein dunkler böser Spiegel. "Ja ich stimme dir zu Ismael, lass uns schnell von hier fort." Lange mussten sie nicht gehen bis der Weg vor ihnen im Mondschein auftauchte. Immer wieder blickten sie sich um, warteten ob etwas zu hören war. Das Glück sollte ihnen wohl gewogen sein. Ihre Gedanken gingen zu ihren Eltern und zu Sarah. Würde sie hier lebend raus kommen? Der Leuchtturm kam immer näher, sein Licht wirkte wie ein Leuchtfeuer der Hoffnung. Schweigend gingen sie weiter voran. Im fahlen Licht konnte sie auf Ismaels Rücken Blut schimmern sehen. Hoffentlich hielt er durch, seine Schritte wurden immer langsamer. Doch eine Pause konnten sie sich nicht erlauben. Der Nebel zog immer schneller die Küste herauf. Seine Ausläufer tasteten wie Tentakel ins Landesinnere. Einige Zeit später waren sie endlich am Ziel. Der Leuchtturm ragte hoch in den Himmel auf, sein Lichtstrahl kreiste ruhig durch die Nacht. "Schnell lass uns hinein gehen, dort sind wir in Sicherheit." Ismael wirkte irgendwie nervöser wie bisher. Er öffnete die Tür. Lisbeth wurde auf einmal unwohl zumute. Gerade wollte sie etwas erwidern da erschall durch den Nebel wieder dieses Lachen. Ismael ergriff ihre Hand, mit einem Ruck zog er sie unsanft durch die Türöffnung. Drinnen konnte man kaum etwas erkennen. Nur eine rote Notbeleuchtung erhellte spärlich den Innenraum. Hinter ihr klickte ein Schloss. Ismael hatte die Tür verschlossen und ging an ihr vorbei. Mit einem Feuerzeug zündete er an einem Tisch ein paar Kerzen an. Auf einmal hämmerte es an der Tür. Erschreckt blickte Lisbeth zu der Tür. Immer und immer wieder hämmerte etwas gegen die Tür. "Ismael meinst du wir sind hier sicher?" Gerade wollte sie  sich zu ihm umdrehen als sie ein unfassbarer Schmerz durchfuhr. Ihre Gliedmassen zuckten unkontrollierbar. Ismael stand über ihr mit Wahnsinn in seinen Augen, in der Rechten hielt er einen Elektroschocker. "So da wären wir. Ich hatte schon Angst es würde nicht klappen. Wir haben doch so wenig Zeit." Sie wollte etwas erwidern aber aus ihrem Mund kam nur Gebrabbel. Sie spürte wie sie an den Füßen weggezogen wurde. Dann wurde sie hochgehoben und auf dem Tisch abgelegt. Das Hämmern an der Tür hörte auf. "Ah ich denke wir sind endlich alleine. Wird aber auch Zeit. Ich habe doch noch so viel zu tun." - mit diesen Worten band er sie an dem Tisch fest. "Wir werden viel Spaß zusammen haben bis meine Meister kommen um dich zu holen. Du wirst mein Opfer an sie sein. Dann werden sie mich in Frieden ziehen lassen. Sie haben es mir versprochen." Langsam löste sich ihre Zunge und sie versuchte zu sprechen. Er schaute auf sie herab. Fast meinte sie Mitleid in seinen Augen zu erblicken. "Aus ihrem Reich gibt es sonst kein Entkommen." Mit diesen Worten griff er nach einem Messer auf dem Tisch. Ein Knall erfüllte den Raum, die Tür krachte auf. Nebelschwaden zogen in den Raum hinein. "Nein du darfst nicht hier sein. Geh weg. Sie gehört mir allein." Ismael stellte sich vor sie, wedelte mit dem Messer herum. Seine Stimme war von Furcht ergriffen. "Warum lässt du mich nicht einfach in Ruhe." - sein Schreien ging in Kreischen über. Lisbeth konnte jedoch nichts erkennen. Ismael verdeckte ihr die Sicht. Irres Lachen erfüllte den Raum. Das Licht fing an zu flackern, die Kerzen gingen aus. Lisbeth hörte nur noch ein Gurgeln. Irgendetwas oder Jemand stürzte zu Boden. In der Dunkelheit war nichts zu erkennen. Nun ja nichts, außer den zwei rot glühenden Augen über ihrem Gesicht.
"Endlich habe ich dich gefunden. Du wirst uns helfen, uns retten." Das war zu viel, ihr Geist floh in die schützenden Arme der Ohnmacht. Das letzte was sie hörte war das schallende, irre Lachen.

Ende der Ersten Geschichte

Mittwoch, 3. August 2016

Meine erste Geschichte: Die lange Fahrt Teil 3

Ismael sank immer weiter nach vorne während Lisbeth versuchte das Ruderboot unter Kontrolle zu halten. Mit jedem Ruderschlag ließen sie die Höhle weiter hinter sich. Mittlerweile war es Nacht geworden, der Mond erhellte die See mit seinem schummrigen Licht. Dunkle Wellen schwappten gegen das Boot. Ein Stück die Küste entlang ragte der Leuchtturm in den Nachthimmel. Sein Leuchtfeuer war inzwischen erloschen, trotzdem setzte sie Kurs auf die Küste in seiner Nähe. Einige Minuten vergingen, da durchfuhr sie ein heftiger Hustenanfall welcher ihr starke Schmerzen im Brustkorb zufügte. Blut sammelte sich in ihrem Mund. Das Ruderboot schaukelte in den Wellen hin und her. Nur das Rauschen des Meeres war zu hören. Ein Gefühl der Ruhe überkam Lisbeth, der Husten legte sich langsam. "Ismael, hörst du mich? Bitte lass mich nicht alleine."- flehte sie ihn an. Er saß vornübergebeugt vor ihr und regte sich nicht mehr. Vorsichtig tippte sie ihn an. Ismael stöhnte auf - "Noch bin ich nicht tot, doch die Kälte ist unerträglich." Im Mondschein konnte sie das Messer in seinem Rücken schimmern sehen. Sie musste dringend das Ufer erreichen um Ismael in Ruhe die Klinge zu entfernen. In dem Ruderboot war das unmöglich. Unterbrochen von regelmäßigen Hustenanfällen, ruderte sie trotz aller Schmerzen weiter. Langsam aber stetig kam die Küste näher. Zwischendurch musste sie immer wieder husten. Sie schmeckte warmes Blut in ihrem Mund. Anscheinend war die Verletzung doch schlimmer als gehofft. Mit einem Ruck setzte das Ruderboot auf dem felsigen Untergrund des Strandes auf. Sie kletterte raus und versuchte Ismael hinaus zu helfen. Endlich nach mehreren Versuchen konnte sie ihn an eine trockene Stelle führen. "Wir sind hoffentlich erst einmal in Sicherheit. Nun dreh dich bitte um damit ich das Messer entfernen kann." - Ismael setzte sich hin, beugte sich langsam nach vorne. Lisbeth zog ihm den Gürtel aus der Hose. "Beiß da drauf wenn die Schmerzen nicht auszuhalten sind." - er nahm den Gürtel und schob ihn sich zwischen die Zähne. Das Messer hatte sich zwischen den Schulterblättern tief in den Rücken gebohrt. Blut lief an der Klinge hinunter. Zum Glück hatte das Messer eine glatte Schneide. "Das könnte jetzt weh tun." - mit einem kräftigen Ruck zog sie die Klinge heraus. Frisches Blut lief aus der Wunde heraus. Ismael entfuhr ein Grunzen zwischen den Zähnen. Vorsichtig zog sie ihm seine Jacke aus. Mit dem Messer schnitt sie sich daraus einige Streifen. So konnte sie ihm zumindest einen provisorischen Verband machen. Nachdem das erledigt war kümmerte Lisbeth um sich selbst. Sie überprüfte alle Verbände, konnte aber keine frischen Wunden erkennen. Müde setzte sie sich neben Ismael. "Also was genau ist hier los? Wer ist das und vor allem was will der Mistkerl von uns?"
Er schaute sie erschöpft an . "Die erste Frage die du dir stellen solltest, WO sind wir überhaupt. Das hier ist nicht mehr die Welt aus der zu kommen glaubst." - Lisbeth wurde auf einmal mulmig zumute. "Alles hier ist ihre Welt, eine Welt im Nebel und Düsternis. Sie kamen aus der tiefe des Meeres zu uns. Nur wenige wussten von ihnen. Noch wenigere glaubten überhaupt das sie existieren. Jetzt holen sie sich das zurück was ihnen genommen wurde ihrer Meinung nach." - sie schaute Ismael fragend an - "Wer SIE sind?" - Ismael lachte traurig - "Sie sind die tiefen Wesen, die Schrecken der See."
"Tiefe Wesen?" - Lisbeth schaute ihn irritiert an -"willst du mir sagen das alles ist das Werk irgendwelcher Hirngespinste?" Er drehte den Kopf in Richtung Meer. Der Nebel zog wieder dichter über die Wellen auf die Küste zu. "Wenn es doch nur Hirngespinste wären. Sie sind wirklich dort, tief im Meer, beobachten uns seit Ewigkeiten. Aus welchem Grund auch immer kommen sie nun und holen sich einen nach den anderen. Zuerst kam der Nebel ins Dorf, daraufhin verschwanden immer wieder Menschen." Sie wollte ihm immer noch nicht glauben. "Warum seid ihr denn nicht geflohen?" Ein Zittern ging durch ihn hindurch. "Nun da wären wir wieder bei unserem unheimlichen Freund aus der Höhle. Jeder der fliehen wollte aus dem Dorf hat er getötet oder" - sein Blick glitt zu ihr - "er entführte sie. Wahrscheinlich um sie dann seinen Herren zu übergeben. Ich habe ihn auch vorher nie hier gesehen. Wer weiß ober überhaupt ein Mensch ist so grausam wie er tötet. Und dann diese Lache." Wieder durchfuhr ihn ein Schauer. Lisbeth wurde immer mulmiger zumute. Anscheinend meinte er das alles wirklich ernst. Aber wie konnte so etwas möglich sein. "Wir sollten versuchen hier weg zu kommen. Der Nebel zieht wieder auf. Lass uns einen sicheren Unterschlupf suchen solange wir noch können. Dort dürften wir sicher sein." er zeigte in Richtung des Leuchtturms. Beide richteten sich auf. "Da vorne ist ein Weg der zum Turm führt. Komm es ist nicht mehr weit." Ein letzter Blick zurück zum Meer zeigte das der Nebel immer weiter an die Küste reichte. Allerdings war das Meer auf einmal auch ganz ruhig. Keine Wellen, nur die glatte Oberfläche wie ein dunkler böser Spiegel. "Ja ich stimme dir zu Ismael, lass uns schnell von hier fort." Lange mussten sie nicht gehen bis der Weg vor ihnen im Mondschein auftauchte. Immer wieder blickten sie sich um, warteten ob etwas zu hören war. Das Glück sollte ihnen wohl gewogen sein. Ihre Gedanken gingen zu ihren Eltern und zu Sarah. Würde sie hier lebend raus kommen? Der Leuchtturm kam immer näher, sein Licht wirkte wie ein Leuchtfeuer der Hoffnung. Schweigend gingen sie weiter voran. Im fahlen Licht konnte sie auf Ismaels Rücken Blut schimmern sehen. Hoffentlich hielt er durch, seine Schritte wurden immer langsamer. Doch eine Pause konnten sie sich nicht erlauben. Der Nebel zog immer schneller die Küste herauf. Seine Ausläufer tasteten wie Tentakel ins Landesinnere. Einige Zeit später waren sie endlich am Ziel. Der Leuchtturm ragte hoch in den Himmel auf, sein Lichtstrahl kreiste ruhig durch die Nacht. "Schnell lass uns hinein gehen, dort sind wir in Sicherheit." Ismael wirkte irgendwie nervöser wie bisher. Er öffnete die Tür. Lisbeth wurde auf einmal unwohl zumute. Gerade wollte sie etwas erwidern da erschall durch den Nebel wieder dieses Lachen. Ismael ergriff ihre Hand, mit einem Ruck zog er sie unsanft durch die Türöffnung. Drinnen konnte man kauf etwas erkennen. Nur eine rote Notbeleuchtung erhellte spärlich den Innenraum. Hinter ihr klickte ein Schloss. Ismael hatte die Tür verschlossen und ging an ihr vorbei. Mit einem Feuerzeug zündete er an einem Tisch ein paar Kerzen an. Auf einmal hämmerte es an der Tür. Erschreckt blickte Lisbeth zu der Tür. Immer und immer wieder hämmerte etwas gegen die Tür. "Ismael meinst du wir sind hier sicher?" Gerade wollte sie  sich zu ihm umdrehen als sie ein unfassbarer Schmerz durchfuhr. Ihre Gliedmassen zuckten unkontrollierbar. Ismael stand über ihr mit Wahnsinn in seinen Augen, in der Rechten hielt er einen Elektroschocker. "So da wären wir. Ich hatte schon Angst es würde nicht klappen. Wir haben doch so wenig Zeit." Sie wollte etwas erwidern aber aus ihrem Mund kam nur Gebrabbel. Sie spürte wie sie an den Füßen weggezogen wurde. Dann wurde sie hochgehoben und auf dem Tisch abgelegt. Das Hämmern an der Tür hörte auf. "Ah ich denke wir sind endlich alleine. Wird aber auch Zeit. Ich habe doch noch so viel zu tun." - mit diesen Worten band er sie an dem Tisch fest. "Wir werden viel Spaß zusammen haben bis meine Meister kommen um dich zu holen. Du wirst mein Opfer an sie sein. Dann werden sie mich in Frieden ziehen lassen. Sie haben es mir versprochen." Langsam löste sich ihre Zunge und sie versuchte zu sprechen. Er schaute auf sie herab. Fast meinte sie Mitleid in seinen Augen zu erblicken. "Aus ihrem Reich gibt es sonst kein Entkommen." Mit diesen Worten griff er nach einem Messer auf dem Tisch. Ein Knall erfüllte den Raum, die Tür krachte auf. Nebelschwaden zogen in den Raum hinein. "Nein du darfst nicht hier sein. Geh weg. Sie gehört mir allein." Ismael stellte sich vor sie, wedelte mit dem Messer herum. Seine Stimme war von Furcht ergriffen. "Warum lässt du mich nicht einfach in Ruhe." - sein Schreien ging in Kreischen über. Lisbeth konnte jedoch nichts erkennen. Ismael verdeckte ihr die Sicht. Irres Lachen erfüllte den Raum. Das Licht fing an zu flackern, die Kerzen gingen aus. Lisbeth hörte nur noch ein Gurgeln. Irgendetwas oder Jemand stürzte zu Boden. In der Dunkelheit war nichts zu erkennen. Nun ja nichts, außer den zwei rot glühenden Augen über ihrem Gesicht.
"Endlich habe ich dich gefunden. Du wirst uns helfen, uns retten." Das war zu viel, ihr Geist floh in die schützenden Arme der Ohnmacht. Das letzte was sie hörte war das schallende, irre Lachen.

Ende der Ersten Geschichte

Dienstag, 12. Juli 2016

Meine erste Geschichte: Die lange Fahrt Teil 2

Tageslicht fiel auf ihr Gesicht, langsam öffnete Lisbeth die Augen. Der Schlaf hatte wohl einige Zeit von ihr Besitz ergriffen, wenn es schon draußen hell wurde. Ihr Magen zog sich mit einem Knurren zusammen. Sie hatte riesigen Hunger, kein Wunder die letzte Mahlzeit war vor ihrer Abfahrt. In der Küche würde doch wohl etwas Essen zu finden sein, hoffte sie zumindest. Dafür musste sie sich erst einmal aufrichten, was ihr wiederum nicht leicht fiel. Halb sitzend auf dem kalten Boden zu schlafen, hatte ihre Beine steif werden lassen. Sie zog sich an der Küchenzeile hoch, streckte sich vorsichtig und ging zum Kühlschrank rüber. Kühle Luft kam ihr entgegen als sie diesen öffnete. Innen fand sie ein paar Scheiben Brot, eine Flasche Saft und ranzige Butter. Es würde genügen müssen vorerst und so würgte sie zwei trockene Brotscheiben herunter. Heruntergespült mit Saft war es immerhin zu ertragen. Ihr Hungergefühl war zwar immer noch nicht ganz gestillt aber es musste genügen. Gestärkt begann sie ihre weiteren Schritte zu planen. Am Tage war es eventuell leichter einen Weg zum Leuchtturm zu finden. Oder sie versuchte ihr Glück in den anderen Gebäuden, eventuell ließ sich dort noch etwas hilfreiches finden. Andererseits wusste sie nicht, ob die Ursache für den Toten nebenan, sich immer noch in der Nähe befand. Auch wenn sie bisher unbehelligt blieb, konnte sich dies schnell ändern. Sie entschied sich vorsichtig die Gegend zu erkunden, um dann wenn es sicher war, sich zum Leuchtturm durch zuschlagen. Vielleicht fand sie auf dem Weg jemanden der ihr helfen konnte. Hier bleiben konnte sie nun wirklich nicht. Lisbeth schnappte sich ihr Messer und die Taschenlampe für den Aufbruch. Kaum durchquerte sie die Wohnstube auf dem Weg zur Haustür, fiel ihr Blick wieder zum Sofa. Da wo vor ein paar Stunden noch eine übelst zugerichtete Leiche lag, waren nur noch Blutspuren. Von dem Körper keine Spur. Ihre Gedanken kreisten wie wild, überschlugen sich förmlich. Zu rationalem Denken war sie absolut nicht in der Lage. Es war an dem Körper kein Lebenszeichen zu finden gewesen. Wie konnte er denn nun einfach so verschwinden? Oder hatte gar der Mörder die Leiche geholt? Pure Angst trieb ihren Puls in die Höhe, ihr Blick hastete in alle Ecken. Nicht eine einzige Spur war zu entdecken. Lisbeth wollte schon vor lauter Panik einfach drauf losstürmen, besann sich aber eines besseren. Was brachte es ihr denn, außer in einer kopflosen Handlung, wem auch immer in die Arme zu laufen. Nein, ruhig bleiben war die Devise. Ein Blick durch die Fenster zeigten Fetzen von Nebelschwaden. Das könnte meine Chance sein, im Nebel unerkannt aus dem Dorf heraus zu schleichen, hoffte sie. Sie schritt langsam in Richtung Haustür, dort angekommen, öffnete sie diese vorsichtig. Vor der Tür war wirklich Nebel über das Meer aufgezogen. Lange Nebelbänke schoben sich mittlerweile zwischen den Straßen hindurch. Die kühle, feuchte Luft ließ Lisbeth frösteln. Hierzubleiben war keine Option mehr, darum schritt sie Mutig in den Nebel hinein. Rechts um die Hütte herum entdeckte sie einen Holzschuppen, beim näherkommen konnte sie ein Vorhängeschloss sehen. Ihre Hand glitt in die Hosentasche. Ob der Schlüssel wohl passen könnte, grübelte Lisbeth, während sie ihn in das Schloss gleiten ließ. Mit einem Klicken schnappte der Mechanismus auf, die Tür öffnete sich dabei einen Spalt. Innen konnte sie auf den ersten Blick nur ein kleines Motorboot und rechts an der Wand eine schwere Regenjacke entdecken. Wenigstens würde sie nun nicht unbedingt erfrieren, ein Grinsen ging über ihr Gesicht. Da nichts weiteres zu finden war, drehte sie sich um, der Schuppen blieb langsam hinter ihr im Nebel zurück. Ein kleines Stück weiter verlief der Weg, der durch den Ort führte. Graue Schleier zogen immer dichter werdend vor ihr entlang. Der Ort war wirklich nicht groß. Eine Straße, sofern man diese so nennen durfte, führte geradewegs hindurch. In keinem der Häuser, an denen sie vorbeikam, war jemand zu entdecken. Nicht das sie sich die Mühe machte genau nachzuschauen. Ihre Schritte führten automatisch immer schneller Richtung Ortsausgang. Wer weiß was sonst noch alles hier auf sie lauerte. Die Fluch weg von hier war die beste Option. So weit sie es in dem Nebel abschätzen konnte, führte die Straße an der Küste lang, hoch zum Leuchtturm. Zwar noch ein ganzes Stück entfernt, aber schaffbar. Nur ein paar Schritte trennten Lisbeth von der Ortsgrenze, da waren sie das erste Mal zu hören. Schmerzverzerrte Schreie hallten durch den Nebel. Jetzt wollte sie wirklich nur noch eins, fort von hier. Da sie die Herkunft der Schreie nicht orten konnte, rannte Lisbeth einfach drauf los. Immer der Straße entlang, tiefer in den Nebel hinein. Das Gefühl verfolgt zu werden bohrte und kratzte an ihrem Hirn. Gehetzt blickte sie sich immer wieder um. Stechende Schmerzen in der Brust machten ihr das Laufen wirklich schwer. Allein das Atmen war in dem Moment eine Qual durch die körperliche Anstrengung. Ihre Schritte wurden immer langsamer. Um zu Atem zu kommen blieb sie stehen und stützte sich an einem Baum ab.  Kurze Zeit später waren Schritte im Nebel vor ihr zu hören. Lisbeth zuckte vor Furcht zusammen. "Hilfe, bitte helft mir!"- kreischte eine Stimme. Ein Schemen tauchte vor ihr im Nebeldunst auf. Gerade als sie diesem etwas zurufen wollte, erschien ein weiterer Schemen. Schreckliche gurgelnde Laute begleitet von irren Gelächter drangen zu Lisbeth hinüber. Das Lachen entfernte sich immer mehr und war irgendwann gar nicht mehr zu hören. Unbewusst hatte Lisbeth sich während dessen immer mehr hinter dem Baum verkrochen. Dort wo eben die beiden Schemen standen lag nun nur noch einer am Boden. "Hilfe...." - röchelte die Stimme wieder zu ihr rüber. Sollte sie wider jeder Vernunft zu Hilfe eilen oder besser von hier fort? Ein Schritt folgte dem anderen. Der Körper am Boden kam immer näher. War sie denn verrückt dorthin zu gehen? Natürlich, aber sie konnte nun einmal niemanden in Not die Hilfe verweigern. Der Griff um ihr Messer wurde fester. Langsam wurde die Silhouette deutlich sichtbarer. Immer wieder schaute Lisbeth sich hektisch um. Endlich konnte sie den auf dem Boden liegenden Körper deutlicher sehen. Nacktes Entsetzen überkam sie beim Anblick des mittlerweile toten Mannes. Wie bei der Leiche im Haus wurde auch hier ein langer Schnitt am Hals vorgenommen. Die Blutlache um den Leichnam wurde immer größer. Das alles war zuviel für Lisbeth, sie ließ ihr Messer fallen und erbrach sich auf die Strasse. Sobald sich ihr Magen beruhigt hatte, wischte sie sich den Mund ab. Gerade wollte sie sich hinunter beugen um das Messer wieder aufzuheben, hörte sie hinter sich wieder dieses irre Lachen. Im gleichen Augenblick spürte sie einen stumpfen Schlag am Hinterkopf. Ein schwarzer Schleier legte sich über ihre Augen und sie fiel zu Boden.

"Wach auf. Du sollst endlich aufwachen!"- drang eine schrille Männerstimme durch den Schleier der Ohnmacht zu ihr durch. Langsam öffnete sie die Augen. Ein Mann mit irrem Blick und wirrem Haar schaute auf sie herab. " Ahhhh, sind wir endlich aus dem Land der Träume zurückgekehrt. Beeil dich wir haben nicht viel Zeit bevor er wieder kommt." - seine Stimme wurde immer schriller, irgendwie hektischer. Er reichte ihr die Hand um aufzustehen, Lisbeth zuckte zurück. Sie wollte intuitiv zu ihrem Messer greifen, da fiel ihr alles wieder ein. "Was ist hier los? Wer sind sie?" - sie fasste sich an ihren schmerzenden Hinterkopf. "Wir haben keine Zeit für Erklärungen. Folge mir, ich bringe dich hier raus." - seine Hand immer noch ausgestreckt. Zögerlich griff sie zu und ließ sich aufhelfen. "Mein Name ist Ismael, jetzt raus hier. Komm schnell."
"Warte ich kann nicht so schnell rennen. Meine Rippe ist verletzt, ich bekomme kaum Luft beim Laufen." - stöhnte sie schwer atmend. Ismael kam ihr entgegen und half ihr so schnell es ging nach draußen. "Wenn wir zu lange brauchen wird er uns holen" - in seiner Stimme schwang Furcht mit. "Wen meinst du Ismael? Ist dieser Mann dafür Verantwortlich was hier passiert?" - Ismael blickte sie ängstlich an. "Genug Fragen für jetzt. Bitte sei leise und komm endlich." - Er führte sie eine Treppe hinauf. Ihre Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit. Anscheinend war sie in einer Art Keller gefangen gewesen. Oben angekommen konnte sie einen langen spärlich beleuchteten Gang blicken. "Wo führt uns dieser Weg Ismael?" - sie hatte ein ungutes Gefühl bei der Sache. Ismael bedeutete ihr mit seiner Hand sie solle still sein, ging dann vorsichtig weiter ohne etwas weiteres zu sagen. Das Ende des Ganges kam immer näher. War das Meeresrauschen was sie da hörte? "Hinter dem Gang ist eine grössere Höhle, da liegt mein Boot. Damit bringe ich uns hier weg." - seine Schritte wurden schneller. Hinter ihnen erklang auf einmal dieses irre Lachen. Beide blickten sich gleichzeitig um. Am anderen Ende des Ganges stand eine dunkle Gestalt, dass Gesicht verhüllt mit einer Kapuze. Gemächlich schritt sie auf die beiden zu, in der rechten Hand ein Messer. "Egal wie es um dich steht. LAUUUUFFFFF!" - Ismael rannte los ohne auf Lisbeth Rücksicht zu nehmen. Sie schaute hinter ihm her und begann ebenfalls zu rennen. Ihre Brust explodierte förmlich vor Schmerzen. Aber das war nun egal, sie musste schnell weg von hier. Hinter dem Gang lag eine große Höhle  in der ein Steg ins Meer hineinragte. Dort schwappte ein Ruderboot in den Wellen auf und ab. Ismael löste das Tau und half ihr hinein. Mit einem kräftigen Stoß eines der Ruder glitt das Boot weg vom Steg hinaus aufs Meer. In genau diesem Moment betrat die Gestalt die Höhle. Keine Kapuze verdeckte mehr das Gesicht und so konnte sie erkennen das es ein Mann war. Doch etwas war komisch an ihm. Dort wo die Augen sein sollten blickte Lisbeth nur in leere Höhlen. Ein diabolisches Grinsen ging über sein Gesicht. Mit schnellen Schritten rannte er auf das Boot zu. Doch zu spät, Ismael ruderte schon aus der Höhle hinaus. Sie wähnten sich schon in Sicherheit,da warf der Mann das Messer aus seiner Hand in ihre Richtung. Ismael stöhnte auf, Blut tropfte aus seinem Mund. Das Messer hatte ihn direkt in den Rücken getroffen. "Nimm du die Ruder." - entfuhr es ihm stöhnend. Lisbeth schnappte sich die Ruder und mit ein paar Ruderschlägen waren sie auf dem Meer. Sie blickte noch einmal in die Höhle zurück. Der Mann war fort, nur sein Lachen schallte zu ihr hinüber.

Fortsetzung folgt...

Samstag, 2. Juli 2016

Meine erste Geschichte: Die lange Fahrt Teil 1

Eigentlich ist doch eine Autofahrt in die Welt hinaus immer etwas schönes und aufregendes, dachte Lisbeth bei sich, während sie ihren alten Ford die dunklen Straßen entlang gleiten ließ.
Die Strecke, die sie noch zurücklegen musste, um ihr Elternhaus zu erreichen, war ohne Pause nicht zu schaffen, daher würde sie wie immer um einen Halt nicht herumkommen. Normalerweise wäre dieser Halt in der Nähe der Bundesstraße gewesen, wo sie dann in einer Bed & Breakfast Pension übernachtete. Leider musste diese im letzten Jahr schließen und so blieb ihr nichts weiter übrig als eine längere Strecke ohne Pause zurückzulegen.
Im Radio lief gerade von Queen Bohemian Rhapsody, als ihr bewusst wurde, wie müde sie doch langsam wurde. Allerdings bot das Waldstück, durch das sie fuhr, keinerlei Straßenabschnitte um eine Pause einzulegen. Deshalb versuchte sie, das Teilstück trotz Müdigkeit zu überbrücken, um dann eventuell an der danach folgenden Küstenstraße eine Pause einzulegen. Wenn sie sich recht erinnerte war dort ein kleiner Ort ein Stück von der Bundesstraße ab.
Die Bäume rechts und links am Waldrand bewegten sich in dem anscheinend immer kräftiger werdenden Wind, was ihr das Gefühl vermittelte, der Küste immer näher zu kommen.
Und wirklich, der Wald dünnte sich immer mehr aus. Endlich wieder Sternenhimmel oder Mondlicht, dachte sie bei sich und fuhr aus dem Wald heraus. Eine schroffe Küstenlandschaft lag vor ihr, an deren Rand sich wie eine Schlange die Straße entlang wand.
Windböen erfassten das Auto und sie musste recht stark gegenlenken, damit der Ford nicht ins schlingern geriet. Gerade in dem Moment, als sie dachte, sie würde das Fahrzeug wieder unter Kontrolle bekommen, sah sie rechts aus den Augenwinkeln etwas Großes auf die Straße laufen. Das letzte was sie hörte, war ein ohrenbetäubender Knall und das Auto krachte mit voller Gewalt durch die Straßenbegrenzung.
So viele Dinge gingen ihr durch den Kopf während der gefühlten Ewigkeit des Sturzes. Egal, was sie jetzt noch versuchte, ihr Schicksal lag in den Händen von wem auch immer. Glaubte sie an Gott? Nein. Jetzt brauchte sie damit auch nicht mehr anfangen. Würde sie jemand vermissen? Nein, niemand, außer vielleicht ihre Eltern. Freunde und Familienangehörige hatten sich in ihrem momentanen Empfinden immer mehr von ihr abgewendet. Warum auch nicht, schließlich machte sie es den Leuten auch nicht leicht sie zu verstehen. Ihre abweisende und selbstzerstörerische Art sorgte dafür. Bis auf Sarah die vor ein paar Monaten in ihr Leben getreten war und alle Marotten ertrug. Aber lag es denn wirklich an ihr, oder waren es die anderen die sie einfach nicht verstehen wollten. Meistens endete das ganze in Streit und Verlust.
All das war nun egal. Das Auto krachte in die Meeresoberfläche, Glas splitterte und Wasser brach mit voller Wucht in den Innenraum. Erst jetzt, wie das Wasser ihr ins Gesicht peitschte, wurde ihr bewusst, dass sie irgend etwas machen musste um dieser Todesfalle zu entkommen. Hastig griffen ihre Hände nach rechts zum Anschnallgurt und fingerten in aller Panik an dem Öffnungsschalter herum. Immer mehr Wasser drang auf sie ein, als der Gurt endlich aufschnappte.
Der Innenraum war nun fast komplett geflutet. Sie schnappte noch einmal Luft, dann tauchte sie den Kopf unter Wasser und stieß sich durch die zerbrochene Frontscheibe verzweifelt ab, so versuchte sie irgendwie nach oben zur Wasseroberfläche kommen. In dem Augenblick traf sie etwas hart am Kopf und ihr wurde schwarz vor Augen.

Wie viel Zeit auch immer vergangen sein mag, Lisbeth wachte mit schmerzendem Kopf langsam auf. Husten ließ sie einen Schwall Wasser erbrechen. Langsam fing sie sich und schaute sich um. War es immer noch dunkel oder konnte sie nichts sehen? Behutsam glitt ihre Hand an den Kopf und fand dort die Stelle, wo sie getroffen worden war. Schmerzen durchfluteten sie, als ihre Finger am Wundrand entlang fuhren. Auch merkte sie, wie stetig Wasser gegen ihren liegenden Körper schwappte. Unter sich spürte sie Steine die sich in ihren Rücken drückten. Nachdem sie ohnmächtig wurde, hatten die Wellen sie anscheinend an die Küste gespült. Alles tat ihr weh und doch musste sie sich aufraffen, musste ihren geschundenen Körper weg von der Kälte des Meeres schaffen. In dem Moment wo sie sich aufstütze, spürte sie ein Stechen im Brustbereich. Hatte sie sich eine Rippe gebrochen? Was sollte denn noch alles geschehen?
Nur wo sollte sie hin, konnte sie sich doch überhaupt nicht orientieren in dieser Dunkelheit.
Hinzu kamen die starken Sturmböen, die immer wieder große, starke Wellen gegen die Steine schlugen. Plötzlich sah sie einen Lichtstrahl am Himmel, welcher wie ein Finger über den dunklen Nachthimmel fuhr. So langsam gewöhnten sich auch ihre Augen an die Dunkelheit. Sie ließ ihren Blick hinter sich gleiten, dort ragte wie eine Mauer die steile Felswand der Küste in den Himmel. Entsetzt stellte sie fest das die Straße nicht zu erreichen war, wo doch die Wand viel zu steil war. Um  überhaupt einen Versuch wagen zu dürfen, müsste sie  in körperlicher Topform sein. Allerdings war der momentane Zustand alles andere als Ideal. Ganz zu schweigen das die schroffen, nassen Felsen das klettern eh unmöglich machten. So blieb ihr nur der Versuch sich an der steinigen Küste entlang Richtung Lichtstrahl zu kämpfen.
Mit starken Schmerzen am ganzen Körper quälte sie sich auf und ging mehr schlecht als recht Richtung Felswand, um endlich der Feuchte des Meeres zu entkommen.
Ach, wäre Sarah nur mitgekommen. Aber nach dem Riesen Streit ergab ein Wort das andere und Lisbeth tat wie immer das, was sie am besten konnte. Abhauen. Ja darin bist du echt die größte, anstatt sich den Problemen zu stellen haust du immer einfach ab, maßregelte sie sich selbst.
Sie Sarah ja nur mit der Frage konfrontieren, warum sie soviel Zeit für andere hatte und so wenig Zeit für sie. Was sie dabei aber vergaß war einfach der Umstand, dass Sarah erst vor kurzem in ihr Leben getreten war und ein sehr aktives Leben führte. Sie selbst war immer die Art von Mensch, die es eher ruhiger mag und sehr schnell eifersüchtig wird wenn neue Menschen in ihre Komfort Zone eindringen, die sie doch eigentlich mit Sarah alleine teilen wollte. Vor 6 Monaten, sie hatte wieder einmal eine Beziehung beendet, traf sie Sarah auf dem Weg zu ihrer Therapeutin. Eigentlich wollte sie sich einen Kaffee holen, jedoch fuhr sie kurz vor dem Coffee Shop ein Fahrrad von hinten an. Sie stürzte auf den Asphalt. Am Boden liegend, fluchte sie wie der Teufel persönlich es nicht besser könnte. In dem Moment reichte ihr jemand eine Hand und half ihr hoch. "Es tut mir so leid, ich wollte dich nicht anfahren"- sagte eine Frauenstimme. Langsam blickte sie von der Hand zu dem Gesicht der Frau. Ein Kribbeln durchfuhr Lisbeth in dem Augenblick. Grüne Augen und ein Gesicht, eingerahmt von roten Haaren schaute sie entschuldigend an. "Nein, alles gut ich habe mich nur erschreckt, dass ist alles"- log sie, denn es schmerzte schon sehr. Aber das war egal. "Mein Name ist Sarah. Hallo erst einmal"- sprach die Rothaarige.  Beide schüttelnden sich die Hände. Nachdem sie kurz miteinander Entschuldigungen ausgetauscht hatten, lud Sarah sie zu einem Kaffee ein. Der Therapie Termin geriet in Vergessenheit. Darauf folgten Wochen der absoluten Verliebtheit außerdem  der Beginn einer leidenschaftlichen Beziehung. Bis zu diesem Streit. Sarah verbrachte immer gerne Zeit mit Freunden aus vergangenen Tagen oder auch neuen Bekanntschaften. Lisbeth hatte dann nur immer das Gefühl immer mehr in den Hintergrund gedrückt zu werden. Eines Abends, Sarah war gerade mit einer Freundin aus Schulzeiten was essen, bliebt Lisbeth wie immer zu Hause. Sie konnte es nicht ertragen Sarah mit anderen Leuten zu sehen. Ganz zu schweigen das diese dann gemeinsam lachten und alte Geschichten austauschten. Geschichten in denen sie nicht vorkam. Später am Abend kam Sarah nach Hause und Lisbeth platzte ihr voller Frust heraus. "Andauernd gehst du weg, lässt mich alleine und gibst mir das Gefühl andere wären dir viel wichtiger." Genau in dem Moment ihr die Worte entglitten, bereute sie diese auch schon wieder. Doch ausgesprochene Dinge kann man schwer zurück nehmen und so nahm der Streit seinen Lauf. Sarah war sich keiner Schuld bewusst. Wie denn auch es war ja nicht ihre Schuld. Lisbeth war sich dessen bewusst, auch das es eher ihr Problem war. Die Entschuldigung brachte sie jedoch nicht über die Lippen. Lieber zog sie sich zurück während Sarah die Wohnung nach einigen Stunden des Schweigens wutentbrannt verließ.
Lisbeth verließ nach einer Woche der Stille und Isolation ihre Wohnung, auf den Weg zu ihren Eltern. Warum sie vorbei kommen wollte? Das fragten ihre Eltern schon gar nicht mehr. Immer wenn sie vor einer Situation wie dieser floh, begab sie sich in die Abgeschiedenheit des kleinen Küstenörtchens, wo ihr Elternhaus lag.
Eine weitere Welle klatschte ihr die Gischt mit voller Wucht ins Gesicht und ihre Gedanken konzentrierten sich wieder auf den qualvollen Gang über die glitschigen Steine. Jeder Schritt schmerzte, doch sie wollte einfach nicht aufgeben. In ihrer direkten Umgebung würde sie keine Hilfe finden, erst recht nicht bei dem immer schlimmer werdenden Sturm. Du musst weiter gehen, irgendwo wird es doch Hilfe geben, versuchte sie sich selbst zu motivieren.

Eine Stunde, zehn Minuten? Wie lange sie mittlerweile unterwegs war wusste sie nicht. Zu allem Überfluss konnte sie überhaupt nicht abschätzen wie weit es zu dem Leuchtturm war. Zumindest hoffte sie das es einer war. Wo ein Leuchtturm war konnte eventuell auch Hilfe auf sie warten. Vor ihr, so dachte sie zumindest, tauchten mehrere Umrisse von Gebäuden in der Dunkelheit auf, immer wenn der Lichtstrahl über sie hinweg glitt. Ein Hauch von Hoffnung keimte in ihr auf und so versuchte sie noch die letzten Reserven an Kraft aufzubringen um diese Gebäude zu erreichen. Eine gefühlte Ewigkeit später war sie sich sicher, dass dort ein kleiner Ort sein musste. War es eventuell sogar das Örtchen, in dem sie ihre Rast machen wollte? Trotz der quälenden Schmerzen wurden ihre Schritte immer schneller. Je mehr sie sich beeilte, desto mehr rutschte sie immer wieder auf den Steinen aus, was die Schmerzen nur noch verstärkte. Endlich tauchte in greifbarer Nähe ein Haus auf, welches direkt am Wasser lag. Eine Fischerhütte vielleicht? Sie zog sich den Steg herauf, wobei sie wieder diesen stechenden Schmerz in ihrer linken Brust verspürte. Die Rippe war wohl wirklich gebrochen. Das fehlte ihr jetzt auch noch. Sie atmete tief durch, dann hämmerte sie mit den Fäusten gegen die Tür.  Niemand öffnete, allerdings war es überhaupt möglich das sie bei dem Sturm jemand hörte? Rufen versuchte sie erst gar nicht, dafür war es viel zu laut hier draußen. Trotzdem die Hütte leer sein könnte glitt ihre Hand zu der Türklinke. Mit einem festen Druck öffnete sie die Tür. Kein Mensch da und nicht einmal abgeschlossen, so etwas gibt es auch nur auf dem Land, dachte sie bei sich. Schließlich war sie nur froh endlich einen trockenen Ort gefunden zu haben wo sie erstmal provisorisch ihre Wunden versorgen konnte. Zwar war es schon lange her, doch das eine Jahr Ausbildung zur Krankenschwester sollte ihr jetzt doch hilfreich sein. Leider hatte sie diese, wie vieles in ihrem Leben nicht beendet. Und so würde es halt bei einfachen Verbänden bleiben.
Keine Menschenseele war weit und breit in der doch recht geräumigen Hütte. Zu ihrer Linken sah sie einen Lichtschalter den sie betätigte. Zu ihrer Enttäuschung blieb das Haus im Dunkeln. Erst einmal aufwärmen, war ihr nächster Gedanke. Mittig an der linken Zimmerwand konnte sie, im kurzen Lichtschein der vom Leuchtturm immer wieder durchs Fenster fiel, einen sehr stark verschmutzten Kamin erblicken. So schleppte sie sich in diese Richtung. Auf halber Strecke stolperte sie über etwas.
Sie stürzte zu Boden und fiel mit ihrem Gesicht in etwas Feuchtes und Klebriges.
Mit der einen Hand stützte sie sich ab, mit der anderen tastete sie auf dem Fußboden nach dem Hindernis, was sie stürzen ließ. Neben der feuchten Stelle am Boden bekam sie etwas zu fassen, mit festem Griff zog sie es zu sich heran. Es fühlte sich kühl an in ihrer Hand. Im nächsten Lichtschein der in das Zimmer von außen fiel, konnte sie es genauer erkennen. Eine Taschenlampe! Gott sei Dank, wenigstens ein Hoffnungsschimmer. Hoffentlich geht sie noch, dachte sie, während sie den Schalter betätigte. Ein Lichtstrahl erfüllte den Raum und ein erleichtertes Kichern durchfuhr ihren Körper. Sie schaute auf ihre Hände und stockte. Die klebrige Flüssigkeit, die den Boden und ihren Körper bedeckte, sah verdächtig nach altem Blut aus. Ihr Puls fing an zu rasen, ein kalter Schauer durchfuhr ihren Körper. Rechts neben ihr stand ein Sofa, unter dem das Blut heraus gelaufen war. Sie stand auf oder besser versuchte es, als ihr wieder der Schmerz in der Brust zu schaffen machte. Nichtsdestotrotz raffte sie sich mit einem Stöhnen auf. Ihr Blick über die Sofa Lehne zeigte ihr im
Lichtschein der Taschenlampe einen unglaublich entstellten Körper. All das Blut war augenscheinlich aus dieser Leiche herausgequollen. Ein Schrei entfuhr ihrer Kehle. Mit aller Kraft unterdrückte sie den Würgereflex.
Was war hier nur passiert? Wer oder was konnte einen Menschen nur so zurichten? In ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Sie musste förmlich gegen ihren spontanen Reflex einfach wegzulaufen ankämpfen. Es würde überhaupt nichts bringen. Wo sollte sie in diesem Sturm und ihrem Zustand denn auch hinlaufen? Sie wischte ihre Hände an ihrer Hose ab um das Blut zu entfernen so gut es ging. Es blieb ihr wohl nichts anderes übrig als die Leiche genauer zu durchsuchen, wenn sie wissen wollte was hier passiert war. Mit etwas Glück konnte sie selbst dann solch einem Schicksal entgehen. Dann ein, zwei Schritte und sie stand neben der Leiche am Sofa. Reiß dich zusammen, zieh das einfach durch, ermutigte sie sich selbst. Mit schnellen Griffen durchsuchte sie die Leiche nach irgendwelchen Hinweisen. In der linken Hosentasche fand sie einen Schlüssel, sonst nichts. Beim näheren betrachten fiel ihr außerdem auf, dass die Todesursache wahrscheinlich nicht die ganzen Schnittwunden überall am Körper waren, sondern der breite tiefe Schnitt quer durch den Hals. Da das Blut schon länger getrocknet war hoffte sie, dass wer oder was das gewesen sein mochte, dieser nicht mehr im Haus oder Dorf war. Da die Durchsuchung keine weiteren Erkenntnisse brachten, wollte sie sich endlich um die Versorgung ihrer Wunden kümmern. Beim näheren Betrachten fielen ihr dutzende Schürfwunden am ganzen Körper auf die leicht bluteten. Diese würde sie als erstes versorgen. Auf der Suche nach Stoffen für Verbände
 wurde sie in der Küche fündig. Ein paar Handtücher lagen auf einem Stuhl. Ein langes Küchenmesser, welches sie auf der Küchenzeile fand, half ihr dabei diese in Streifen zu schneiden. Mit diesen verband sie alle offenen Schürfwunden so gut es ging. Das Messer behielt sie aufgrund des Leichenfundes für alle Fälle bei sich. Jetzt, wo ihr Körper versorgt war, meldete sich die bleierne Müdigkeit. Ruhe, sie brauchte dringend Ruhe. Erschöpft ließ sie sich auf den Küchenboden sinken. Langsam, damit sie ihre Rippe schonen konnte, lehnte sie sich an die Wand. Ein Angstgefühl nagte langsam an ihr. Schließlich konnte sie nicht mit Gewissheit sagen ob sie hier wirklich alleine war. Beobachtet sie jemand und fällt über sie her während sie schläft? Sie zog ihre Beine Eng an sich, das Messer fest in der Hand. Eine Weile widersetzte sie sich dem Schlaf, doch nach kurzer Zeit glitt sie trotz aller Bemühungen in einen tiefen Schlaf.

Fortsetzung folgt....